AdobeStock, annetdebar, Bearbeitung: MvonS

AdobeStock, annetdebar, Bearbeitung: MvonS
Politik, Posts und Petitionen
Die Debatte um das Elterngeld wird aktuell rege geführt. Unzählige Menschen äußern sich im Social Web und in den Medien dazu, ob man die Unterstützung für Gutverdienende streichen sollte oder lieber nicht. Politiker*innen twittern, Eltern werden auf Instagram aktiv, und eine Berliner Unternehmerin hat unter dem Titel „NEIN zur Elterngeld-Streichung!“ eine extrem erfolgreiche Online-Petition gestartet – und damit mehr als eine halbe Million Unterschriften gesammelt. Das Beispiel zeigt: Aktivismus findet zunehmend im digitalen Raum statt. Wir erklären, welche Chancen das bietet, wie man selbst aktiv werden kann und welche Hürden lauern.
Wer früher etwas bewegen wollte, musste dafür viel in Gang setzen: Briefe schreiben und Telefonate führen, um andere Menschen von dem Anliegen zu überzeugen. Flugblätter verteilen und Plakate aufhängen, um Wildfremde für eine Sache zu mobilisieren. Das große Rad zum Schluss war dann noch die Medienarbeit. Und heute? Da braucht man lediglich ein Smartphone, ein Tablet oder einen Laptop – und schon kann man theoretisch im Internet Informationen abrufen, Kontakte knüpfen und Anhänger*innen gewinnen. Die Hürden sind viel niedriger als früher, fast jeder Mensch kann zu jeder Zeit an jedem Ort Online-Aktivismus betreiben.
Digitales Engagement hat viele Vorteile und ist auch deshalb sehr beliebt. Bei einer Appinio-Umfrage im Auftrag der Plattform Patagonia Action Works aus dem Jahr 2021 gaben mehr als 60 Prozent der Befragten an: Es sei wahrscheinlich, dass sie in Zukunft selbst zu digitalen Aktivist*innen werden. Ein prominentes Beispiel hierfür ist Louisa Dellert: Die 33-Jährige macht sich seit rund zehn Jahren in sozialen Netzwerken für Nachhaltigkeit stark. Inzwischen hat die Influencerin knapp eine halbe Million Follower*innen auf Instagram gesammelt, Bücher geschrieben, Reden gehalten und einen nachhaltigen Online-Shop gegründet. Wer sich im Netz für Themen einsetzt, kann also viel bewegen. Was einige noch davon abhält, ist der Mangel an Informationen, zeigt die Appinio-Umfrage: Zwei Drittel der Befragten kritisierten, wie schwierig es sei, sich über die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten zu informieren. Knapp 90 Prozent sprachen sich dafür aus, digitales Engagement stärker zu fördern.
Wie kann ich aktiv werden?
1. Hashtag-Kampagnen
Aktivismus im Netz schafft vor allem eines: Aufmerksamkeit. So gelangen Themen auf die Agenda, sie rücken ins Bewusstsein der Öffentlichkeit. Denn: Ist ein Beitrag in den sozialen Medien beliebt, sprechen die Menschen auch darüber. Die Medien berichten, und im besten Fall muss dadurch auch die Politik in irgendeiner Form reagieren. Wer selbst aktiv werden will, kann beispielsweise Beiträge in sozialen Netzwerken teilen. Twitter, Instagram, Facebook und Co haben hunderte Millionen, teils mehrere Milliarden Nutzer*innen weltweit. Wer dort Nachrichten, Bilder oder Videos teilt, kann Themen buchstäblich ins Gespräch bringen. Kampagnen werden heute in der Regel mit Hashtags versehen – das hat Wiedererkennungswert.
Beispiele:
#BlackLivesMatter: Seit 2013 setzt sich die afroamerikanische Bevölkerung unter dem Hashtag #BlackLivesMatter unter anderem auf Twitter gegen Rassismus und Polizeigewalt ein. Mit großer Wirkung: Polizisten wurden entlassen, der Präsident der Universität Missouri musste zurücktreten, und selbst Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton und auch Donald Trump positionierten sich zu der Bewegung.
#MeToo: Seit 2017 machen Frauen unter dem Hashtag #MeToo unter anderem bei Twitter auf sexuelle Belästigungen und sexualisierte Gewalt aufmerksam. Das hat nicht nur öffentliche Debatten angeregt, sondern auch die Politik zum Handeln bewegt: Schweden erließ im Jahr 2018 ein Gesetz, wonach beide Partner ausdrücklich und erkennbar mit dem Geschlechtsverkehr einverstanden sein müssen – damit dieser nicht als Vergewaltigung gewertet wird.
Social-Media-Kampagnen haben somit Themen wie Rassismus und Sexismus ins Zentrum verschiedenster Diskussionen gerückt – in der Bevölkerung, in den Medien und in der Politik.

Petitionen sind oft der einfachste Einstieg ins Thema und der Beginn des Engagements für ein Thema.
2. Online-Petitionen
Online-Petitionen können ebenfalls über Social-Media wirken, sie funktionieren aber anders. Wer eine Online-Petition starten will, braucht dafür eine spezielle technische Plattform. Auch der Deutsche Bundestag hat ein solches Portal, über das nach einer Registrierung eine eigene Petition gestartet werden kann. Mehr als 13.000 Petitionen gingen im Jahr 2022 beim Bundestag ein. Der Petitionsausschuss des Parlaments muss sich unabhängig von der Anzahl an Unterschriften mit jeder einzelnen Petition befassen. Wenn ein Anliegen innerhalb von vier Wochen 50.000 Unterschriften sammelt, findet dazu in der Regel eine öffentliche Anhörung vor dem Ausschuss statt.
Neben der Bundestagswebsite gibt es zahlreiche Petitionsportale, die in der Regel auch kostenlos sind. Change.org ist nach eigenen Angaben das weltweit größte Portal für Petitionen. Die Plattform hat in Deutschland sieben Millionen und weltweit mehr als 500 Millionen Nutzer*innen. Die Petitionen auf der Website drehen sich häufig um Alltagsthemen wie Tierschutz, Umweltschutz, Gesundheit oder den Erhalt regionaler Einrichtungen. Doch auch Gerechtigkeit und Menschenrechte spielen eine große Rolle. Die größte deutschsprachige Petitionsplattform ist eigenen Angaben zufolge openPetition. Das Portal hat mehr als 13 Millionen Nutzer*innen.

Es ist klar, dass es teilweise Petitionen zu Themen gibt, die nicht jeder für so wichtig erachtet. Wir bemerken jedoch, dass viele Menschen eben durch solche ‚Nischenthemen‘ für Bereiche sensibilisiert werden, für die sie sich vorher nie eingesetzt hätten. Das ist ein demokratischer Mehrwert.
Beispiele:
Petition zum Thema Gesundheit: Im November 2022 startete die Studentin Michelle Franco eine Petition, um Hebammen vor Kürzungen im Pflegebudget zu bewahren. Nach wenigen Tagen verzeichnete die Petition mehr als 1,6 Millionen Unterschriften – alle großen Zeitungen des Landes berichteten darüber. Das enorme Interesse an dem Thema führte schließlich dazu, dass Gesundheitsminister Karl Lauterbach bereits innerhalb einer Woche ankündigte, Hebammen weiterhin durch das Pflegebudget zu fördern. Nach nicht einmal einem Monat wurden die Änderungen im Pflegegesetz beschlossen, und die Hebammen blieben als einzige Gruppe von den Kürzungen verschont.
Petition zum Thema Umweltschutz: Vor fast zehn Jahren startete Greenpeace eine Online-Petition, um die Arktis zu schützen. Das Mineralöl- und Erdgasunternehmen Shell wollte dort nach Öl bohren, was bei der Umweltschutzorganisation für großen Unmut sorgte. Um das Thema zuzuspitzen, richtete sich die Kampagne speziell gegen die Zusammenarbeit des Spielzeugherstellers Lego mit dem Ölkonzern Shell. Im Rahmen einer Marketing-Kampagne sollten Autofahrer*innen beim Tanken nämlich ursprünglich Lego-Rennautos bekommen. Der Protest hatte Erfolg: Rund 8,7 Millionen Menschen unterzeichneten die Greenpeace-Petition. Der große öffentliche Druck führte dazu, dass Lego die Zusammenarbeit mit Shell beendete und Shell ankündigte, keine Ölbohrungen in der Arktis mehr vorzunehmen
Eine Petition allein gewinnt keine Kampagne. Aber: Das Engagement wird dann zum Beispiel durch Aktivitäten am Point of Sale, bei Firmen oder Gesprächen mit Politikerinnen und Politikern weitergeführt.
3. Spenden-Aufrufe
In Deutschland können Organisationen und Privatpersonen auch online Spendenaufrufe starten. Deutschlands größte Spenden-Website betterplace.org bietet zum Beispiel jeder Person die Möglichkeit, Spenden einzuwerben – allerdings nur zugunsten einer bestehenden, gemeinnützigen Organisation. Andere Plattformen wie betterplace.me oder GoFundMe ermöglichen es Privatpersonen, auch Spenden für nicht-gemeinnützige Zwecke einzusammeln – nach dem sogenannten Crowdfunding-Prinzip. Allerdings kann es sich für aktivistische Personen immer lohnen, einer Hilfsorganisation beizutreten oder einen eigenen gemeinnützigen Verein zu gründen, um so das Vertrauen potenzieller Spender zu gewinnen.
Wo Online-Aktivismus an Grenzen stößt
Wer online aktiv werden will, muss in jedem Fall auch einiges beachten. Erstens sollte man keine falschen Informationen verbreiten. Das gelingt, indem man Quellen gründlich überprüft, bevor man Inhalte teilt. Zweitens sollte man ehrlich zu sich selbst sein: Das Teilen oder Liken von Beiträgen macht uns nicht automatisch zu aktivistischen Menschen. Oftmals ist es nur ein symbolischer Akt, der keinen direkten Einfluss hat und für manche dann als Ausrede dient, im echten Leben untätig zu bleiben. Drittens ist es ein Trugschluss, dass Online-Aktivismus alle Menschen erreichen kann. Denn nicht alle besitzen einen Internetzugang. In vielen Teilen der Welt ist der Zugang ungleich verteilt – zum Beispiel nach Alter, Geschlecht und Status. So kann es passieren, dass man ungewollt ganze Gruppen ausschließt.
Demonstrationen und Kundgebungen sind dann besonders wichtig, um physische Präsenz zu zeigen und die Menschen vor Ort abzuholen. Online-Aktivismus kann realen Aktivismus somit nie vollständig ersetzen, ihn jedoch gut ergänzen. Schließlich kann er den ersten Stein ins Rollen bringen und eine bestehende Bewegung empowern. Zum Beispiel die Bewegung der Frauen, die für das Elterngeld kämpfen.
Über die Autorin
Johanna Stein ist Volontärin bei der Wirtschaftsredaktion wortwert in Köln. Sie hat Soziologie und Erziehungswissenschaften studiert und nebenbei Arbeitserfahrung in den Bereichen Print-, Online- und TV-Journalismus gesammelt, beispielsweise in der Online-Redaktion von SWR Aktuell.
Schon gewusst?
In einer Umfrage für das Jahr 2022 gaben 41 Prozent der weltweit Befragten an, Social-Media-Plattformen als Nachrichtenquellen zu vertrauen. Im Vergleich zu den beiden Vorjahren ist das Vertrauen damit wieder leicht gestiegen. Das ist das Ergebnis des Edelman Trust Barometers, für das 32.000 Erwachsene online befragt wurden.

AdobeStock, annetdebar, Bearbeitung: MvonS
Politik, Posts und Petitionen
Die Debatte um das Elterngeld wird aktuell rege geführt. Unzählige Menschen äußern sich im Social Web und in den Medien dazu, ob man die Unterstützung für Gutverdienende streichen sollte oder lieber nicht. Politiker*innen twittern, Eltern werden auf Instagram aktiv, und eine Berliner Unternehmerin hat unter dem Titel „NEIN zur Elterngeld-Streichung!“ eine extrem erfolgreiche Online-Petition gestartet – und damit mehr als eine halbe Million Unterschriften gesammelt. Das Beispiel zeigt: Aktivismus findet zunehmend im digitalen Raum statt. Wir erklären, welche Chancen das bietet, wie man selbst aktiv werden kann und welche Hürden lauern.
Wer früher etwas bewegen wollte, musste dafür viel in Gang setzen: Briefe schreiben und Telefonate führen, um andere Menschen von dem Anliegen zu überzeugen. Flugblätter verteilen und Plakate aufhängen, um Wildfremde für eine Sache zu mobilisieren. Das große Rad zum Schluss war dann noch die Medienarbeit. Und heute? Da braucht man lediglich ein Smartphone, ein Tablet oder einen Laptop – und schon kann man theoretisch im Internet Informationen abrufen, Kontakte knüpfen und Anhänger*innen gewinnen. Die Hürden sind viel niedriger als früher, fast jeder Mensch kann zu jeder Zeit an jedem Ort Online-Aktivismus betreiben.
Digitales Engagement hat viele Vorteile und ist auch deshalb sehr beliebt. Bei einer Appinio-Umfrage im Auftrag der Plattform Patagonia Action Works aus dem Jahr 2021 gaben mehr als 60 Prozent der Befragten an: Es sei wahrscheinlich, dass sie in Zukunft selbst zu digitalen Aktivist*innen werden. Ein prominentes Beispiel hierfür ist Louisa Dellert: Die 33-Jährige macht sich seit rund zehn Jahren in sozialen Netzwerken für Nachhaltigkeit stark. Inzwischen hat die Influencerin knapp eine halbe Million Follower*innen auf Instagram gesammelt, Bücher geschrieben, Reden gehalten und einen nachhaltigen Online-Shop gegründet. Wer sich im Netz für Themen einsetzt, kann also viel bewegen. Was einige noch davon abhält, ist der Mangel an Informationen, zeigt die Appinio-Umfrage: Zwei Drittel der Befragten kritisierten, wie schwierig es sei, sich über die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten zu informieren. Knapp 90 Prozent sprachen sich dafür aus, digitales Engagement stärker zu fördern.
Wie kann ich aktiv werden?
1. Hashtag-Kampagnen
Aktivismus im Netz schafft vor allem eines: Aufmerksamkeit. So gelangen Themen auf die Agenda, sie rücken ins Bewusstsein der Öffentlichkeit. Denn: Ist ein Beitrag in den sozialen Medien beliebt, sprechen die Menschen auch darüber. Die Medien berichten, und im besten Fall muss dadurch auch die Politik in irgendeiner Form reagieren. Wer selbst aktiv werden will, kann beispielsweise Beiträge in sozialen Netzwerken teilen. Twitter, Instagram, Facebook und Co haben hunderte Millionen, teils mehrere Milliarden Nutzer*innen weltweit. Wer dort Nachrichten, Bilder oder Videos teilt, kann Themen buchstäblich ins Gespräch bringen. Kampagnen werden heute in der Regel mit Hashtags versehen – das hat Wiedererkennungswert.
Beispiele:
#BlackLivesMatter: Seit 2013 setzt sich die afroamerikanische Bevölkerung unter dem Hashtag #BlackLivesMatter unter anderem auf Twitter gegen Rassismus und Polizeigewalt ein. Mit großer Wirkung: Polizisten wurden entlassen, der Präsident der Universität Missouri musste zurücktreten, und selbst Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton und auch Donald Trump positionierten sich zu der Bewegung.
#MeToo: Seit 2017 machen Frauen unter dem Hashtag #MeToo unter anderem bei Twitter auf sexuelle Belästigungen und sexualisierte Gewalt aufmerksam. Das hat nicht nur öffentliche Debatten angeregt, sondern auch die Politik zum Handeln bewegt: Schweden erließ im Jahr 2018 ein Gesetz, wonach beide Partner ausdrücklich und erkennbar mit dem Geschlechtsverkehr einverstanden sein müssen – damit dieser nicht als Vergewaltigung gewertet wird.
Social-Media-Kampagnen haben somit Themen wie Rassismus und Sexismus ins Zentrum verschiedenster Diskussionen gerückt – in der Bevölkerung, in den Medien und in der Politik.

Petitionen sind oft der einfachste Einstieg ins Thema und der Beginn des Engagements für ein Thema.
2. Online-Petitionen
Online-Petitionen können ebenfalls über Social-Media wirken, sie funktionieren aber anders. Wer eine Online-Petition starten will, braucht dafür eine spezielle technische Plattform. Auch der Deutsche Bundestag hat ein solches Portal, über das nach einer Registrierung eine eigene Petition gestartet werden kann. Mehr als 13.000 Petitionen gingen im Jahr 2022 beim Bundestag ein. Der Petitionsausschuss des Parlaments muss sich unabhängig von der Anzahl an Unterschriften mit jeder einzelnen Petition befassen. Wenn ein Anliegen innerhalb von vier Wochen 50.000 Unterschriften sammelt, findet dazu in der Regel eine öffentliche Anhörung vor dem Ausschuss statt.
Neben der Bundestagswebsite gibt es zahlreiche Petitionsportale, die in der Regel auch kostenlos sind. Change.org ist nach eigenen Angaben das weltweit größte Portal für Petitionen. Die Plattform hat in Deutschland sieben Millionen und weltweit mehr als 500 Millionen Nutzer*innen. Die Petitionen auf der Website drehen sich häufig um Alltagsthemen wie Tierschutz, Umweltschutz, Gesundheit oder den Erhalt regionaler Einrichtungen. Doch auch Gerechtigkeit und Menschenrechte spielen eine große Rolle. Die größte deutschsprachige Petitionsplattform ist eigenen Angaben zufolge openPetition. Das Portal hat mehr als 13 Millionen Nutzer*innen.

Es ist klar, dass es teilweise Petitionen zu Themen gibt, die nicht jeder für so wichtig erachtet. Wir bemerken jedoch, dass viele Menschen eben durch solche ‚Nischenthemen‘ für Bereiche sensibilisiert werden, für die sie sich vorher nie eingesetzt hätten. Das ist ein demokratischer Mehrwert.
Beispiele:
Petition zum Thema Gesundheit: Im November 2022 startete die Studentin Michelle Franco eine Petition, um Hebammen vor Kürzungen im Pflegebudget zu bewahren. Nach wenigen Tagen verzeichnete die Petition mehr als 1,6 Millionen Unterschriften – alle großen Zeitungen des Landes berichteten darüber. Das enorme Interesse an dem Thema führte schließlich dazu, dass Gesundheitsminister Karl Lauterbach bereits innerhalb einer Woche ankündigte, Hebammen weiterhin durch das Pflegebudget zu fördern. Nach nicht einmal einem Monat wurden die Änderungen im Pflegegesetz beschlossen, und die Hebammen blieben als einzige Gruppe von den Kürzungen verschont.
Petition zum Thema Umweltschutz: Vor fast zehn Jahren startete Greenpeace eine Online-Petition, um die Arktis zu schützen. Das Mineralöl- und Erdgasunternehmen Shell wollte dort nach Öl bohren, was bei der Umweltschutzorganisation für großen Unmut sorgte. Um das Thema zuzuspitzen, richtete sich die Kampagne speziell gegen die Zusammenarbeit des Spielzeugherstellers Lego mit dem Ölkonzern Shell. Im Rahmen einer Marketing-Kampagne sollten Autofahrer*innen beim Tanken nämlich ursprünglich Lego-Rennautos bekommen. Der Protest hatte Erfolg: Rund 8,7 Millionen Menschen unterzeichneten die Greenpeace-Petition. Der große öffentliche Druck führte dazu, dass Lego die Zusammenarbeit mit Shell beendete und Shell ankündigte, keine Ölbohrungen in der Arktis mehr vorzunehmen
Eine Petition allein gewinnt keine Kampagne. Aber: Das Engagement wird dann zum Beispiel durch Aktivitäten am Point of Sale, bei Firmen oder Gesprächen mit Politikerinnen und Politikern weitergeführt.
3. Spenden-Aufrufe
In Deutschland können Organisationen und Privatpersonen auch online Spendenaufrufe starten. Deutschlands größte Spenden-Website betterplace.org bietet zum Beispiel jeder Person die Möglichkeit, Spenden einzuwerben – allerdings nur zugunsten einer bestehenden, gemeinnützigen Organisation. Andere Plattformen wie betterplace.me oder GoFundMe ermöglichen es Privatpersonen, auch Spenden für nicht-gemeinnützige Zwecke einzusammeln – nach dem sogenannten Crowdfunding-Prinzip. Allerdings kann es sich für aktivistische Personen immer lohnen, einer Hilfsorganisation beizutreten oder einen eigenen gemeinnützigen Verein zu gründen, um so das Vertrauen potenzieller Spender zu gewinnen.
Wo Online-Aktivismus an Grenzen stößt
Wer online aktiv werden will, muss in jedem Fall auch einiges beachten. Erstens sollte man keine falschen Informationen verbreiten. Das gelingt, indem man Quellen gründlich überprüft, bevor man Inhalte teilt. Zweitens sollte man ehrlich zu sich selbst sein: Das Teilen oder Liken von Beiträgen macht uns nicht automatisch zu aktivistischen Menschen. Oftmals ist es nur ein symbolischer Akt, der keinen direkten Einfluss hat und für manche dann als Ausrede dient, im echten Leben untätig zu bleiben. Drittens ist es ein Trugschluss, dass Online-Aktivismus alle Menschen erreichen kann. Denn nicht alle besitzen einen Internetzugang. In vielen Teilen der Welt ist der Zugang ungleich verteilt – zum Beispiel nach Alter, Geschlecht und Status. So kann es passieren, dass man ungewollt ganze Gruppen ausschließt.
Demonstrationen und Kundgebungen sind dann besonders wichtig, um physische Präsenz zu zeigen und die Menschen vor Ort abzuholen. Online-Aktivismus kann realen Aktivismus somit nie vollständig ersetzen, ihn jedoch gut ergänzen. Schließlich kann er den ersten Stein ins Rollen bringen und eine bestehende Bewegung empowern. Zum Beispiel die Bewegung der Frauen, die für das Elterngeld kämpfen.
Über die Autorin
Johanna Stein ist Volontärin bei der Wirtschaftsredaktion wortwert in Köln. Sie hat Soziologie und Erziehungswissenschaften studiert und nebenbei Arbeitserfahrung in den Bereichen Print-, Online- und TV-Journalismus gesammelt, beispielsweise in der Online-Redaktion von SWR Aktuell.
Latest (Top 5)
Schon gewusst?
In einer Umfrage für das Jahr 2022 gaben 41 Prozent der weltweit Befragten an, Social-Media-Plattformen als Nachrichtenquellen zu vertrauen. Im Vergleich zu den beiden Vorjahren ist das Vertrauen damit wieder leicht gestiegen. Das ist das Ergebnis des Edelman Trust Barometers, für das 32.000 Erwachsene online befragt wurden.