Datenschutz auf Social Media ist auch Einstellungssache
So schützt du deine Daten
Social-Media-Plattformen ermöglichen digitale Teilhabe, doch Datenschutzbedenken halten viele Menschen davon ab, sie zu nutzen. Dabei ist es durchaus möglich, Facebook und Co sicher im eigenen Interesse einzusetzen. Wir blicken auf die grundsätzlichen Risiken bei der Preisgabe von Daten auf den Plattformen und zeigen, was man lieber für sich behalten sollte.
Die Einladung zum Klassentreffen kommt über Facebook, das Zugticket gibt es in der Bahn-App und die täglichen Nachrichten laufen im Twitter-Feed und auf Instagram, eine Bewerbung vielleicht sogar über Tiktok. „Wer am gesellschaftlichen Leben teilhaben möchte, kommt heutzutage kaum noch an der digitalen Welt vorbei“, sagt Kimberly Klebolte, Geschäftsführerin der Initiative „Digital für alle“. Und doch gibt es immer mehr Menschen, alt wie jung, die nicht über soziale Medien Kontakt halten wollen, die kein Facebook-Profil haben und auch in anderen Lebensbereichen einen Bogen darum machen, wenn jemand persönliche Daten von ihnen abfragt.
„Digitale Teilhabe scheitert vor allem an Unsicherheit, mangelndem Wissen und fehlendem Zugang – nicht am Willen oder daran, dass die Menschen den Nutzen der Digitalisierung nicht erkennen“, sagt Klebolte. Was nach einer persönlichen Entscheidung ohne Implikationen klingt, ist in der Realität ein ernsthaftes Problem: Wer online nicht dabei ist, kann nur eingeschränkt am öffentlichen Diskurs teilnehmen.
Das Stimmungsbild: Datenschutz-Skandale verunsichern und bleiben in Erinnerung
Drei von fünf Deutschen wollen mehr am digitalen Leben teilhaben, zeigt eine Befragung im Auftrag der Initiative „Digital für alle“. Das ist nicht nur ein Thema der Älteren, sondern auch mehr als die Hälfte der 16- bis 29-Jährigen wünschen sich mehr digitale Teilhabe. Gleichzeitig sorgen sich 64 Prozent der Befragten um die Sicherheit ihrer Daten. Kein Wunder, denn Datenschutz-Skandale sorgen für Verunsicherung.
Besonders eindrucksvoll blieb vielen der sogenannte „Prism“-Skandal in Erinnerung: Vor zehn Jahren enthüllte der frühere Agent Edward Snowden, dass der US-Geheimdienst NSA gewaltige Datenmengen aus dem Netz einsammelt, darunter auch Fotos und Daten aus sozialen Netzwerken. Immer wieder taucht zudem die Facebook-Mutter Meta in den Schlagzeilen auf. Im Jahr 2018 beispielsweise gelangte das Datenanalyse-Unternehmen Cambridge Analytica an Daten von 87 Millionen Facebook-Nutzer*innen. Ostern 2021 folgte der nächste Zwischenfall: Aufgrund einer Sicherheitslücke wurde eine halbe Milliarde persönlicher Datensätze von Facebook-Profilen öffentlich. Allein in Deutschland traf es sechs Millionen Menschen, deren Telefonnummern und Profile unverschlüsselt zugänglich waren. Auf dem Messenger-Dienst Telegram konnte man die geleakten Telefonnummern kaufen.
Datenkraken als Geschäftsmodell
Abgesehen von Datenlecks durch Sicherheitslücken oder Hackerangriffe, gegen die wir nichts ausrichten können, gibt es einige Tipps und Tricks, um unsere Daten zu schützen. Die gute Nachricht: Datenschutz ist – zumindest zum Teil – Einstellungssache. Und das ist durchaus wörtlich gemeint, denn in jedem sozialen Netzwerk können wir selbst entscheiden, welche Daten wir preisgeben wollen. Doch die richtigen Häkchen an der passenden Stelle zu setzen, ist gar nicht so einfach. Die Betreiber der sozialen Netzwerke machen es uns nicht leicht, unsere Daten zu schützen, denn mit ihnen verdienen sie Geld.
Profile auf sozialen Netzwerken sind zwar kostenlos, doch alles, was im Hintergrund läuft, hat seinen Preis. Über die Daten, die wir auf Facebook und Co veröffentlichen, erzielen die Betreiber Gewinn. Deshalb erheben sie so viele Daten, speichern sie, werten sie aus. Und: Geben sie weiter. „Das Geschäftsmodell von Anbietern sozialer Medien beinhaltet oft das Tracking des Nutzerverhaltens, unter anderem auch, um Nutzer*innen personalisierte Werbung auszuspielen“, sagt Ayten Öksüz von der Verbraucherzentrale NRW. Dabei werden die Aktivitäten der User verfolgt und gespeichert, um mehr über Vorlieben, Interessen und das Konsumverhalten zu erfahren.
Häufig werden auch sogenannte Tracking-Daten verwendet, die auf der Verfolgung des Surfverhaltens basieren. Das ist meist schon voreingestellt. Besonders kritisch sieht es Öksüz, wenn das Tracking selbst nicht eingeschränkt werden kann, was bei vielen Anbietern der Fall ist. „In diesen Fällen können Verbraucher*innen nicht bestimmen, wie viel Anbieter über sie wissen, sondern lediglich, inwieweit ihre Daten aktuell vom Anbieter genutzt werden dürfen. Verbraucher*innen soll also das Gefühl vermittelt werden, sie hätten Kontrolle über ihre Daten, was aber nur begrenzt der Fall ist.“
Alles, was öffentlich ist, darf weitergegeben werden
Alle Informationen, die Nutzer*innen in den sozialen Medien frei zugänglich veröffentlichen, können von anderen Personen oder Unternehmen verwendet werden. Das regelt das Bundesdatenschutzgesetz. Das heißt: Wer ein öffentliches Profil auf Facebook anlegt, stellt seine dort veröffentlichten Daten jedem zur Verfügung. Das Bundesdatenschutzgesetz regelt allerdings auch, dass Nutzer*innen der Datenerhebung durch soziale Medien widersprechen können, weil es sich um personenbezogene Daten handelt. Aber: Wer der Datennutzung nicht zustimmt, kann in der Regel erst gar kein Konto bei Facebook und Co eröffnen.
Wer das Spiel trotzdem mitspielt, kann auf die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zählen. Sie soll uns mehr Kontrolle über unsere Daten ermöglichen. Wer personenbezogene Daten verarbeitet, muss offenlegen, warum er diese Daten erhebt und auf welcher Rechtsgrundlage die Datenerhebung basiert. Ebenso sieht die DSGVO vor, dass Nutzer*innen erkennen können, wie lange ihre persönlichen Daten gespeichert werden. Das müsste theoretisch in der Datenschutzerklärung der jeweiligen Seite stehen, doch hier verwirren die Betreiber meist mit unklaren Formulierungen. Die DSGVO sieht auch vor, dass klar sein muss, an wen die Daten gehen. Und auch hier bleiben die Betreiber schwammig. Als Empfänger der Daten geben sie beispielsweise „Personen“ oder „Unternehmen“ an – doch bei wem konkret die Daten am Ende landen, ist nicht klar.
Wer sich nicht an die Verordnung hält, muss mit hohen Strafen rechnen. Im Frühjahr hat die EU Meta zu einer Rekordstrafe von 1,2 Milliarden Euro verurteilt, weil der Facebook-Mutterkonzern Daten von Menschen aus der EU auf US-Server übertragen hatte – ein Verstoß gegen die DSGVO. Auch Whatsapp musste rund 225 Millionen Euro zahlen. Doch immer wieder hagelt es Kritik aus Wirtschaft, Politik und Verbänden: Sie bemängeln unter anderem, dass die Verordnung zu große Spielräume lässt, Schlupflöcher nicht ausgebessert werden und die zuständigen Datenschutzbehörden der EU-Mitgliedstaaten die DSGVO unterschiedlich auslegen. Am Ende gibt es zwar viele Verstöße gegen die Verordnung, aber wenig Strafen – und im Gegenzug viel Datenfreiheit für Betreiber sozialer Netzwerke.
Mitte Juli 2023 hat die EU-Kommission ein internationales Datenschutzabkommen mit den USA beschlossen. Der Datenschutzrahmen EU-USA soll den Zugriff von US-Geheimdiensten auf EU-Daten „auf ein notwendiges und verhältnismäßiges Maß” beschränken, wie es von der EU-Kommission heißt. Ein spezielles Gericht soll prüfen, ob die Datenschutzmaßnahmen auch eingehalten werden und kann bei Verstößen anordnen, dass personenbezogene Daten gelöscht werden.
So schützt du deine Daten
Der erste Schritt ist, das unliebsame Kleingedruckte zu lesen. In der Datenschutzerklärung informieren die Unternehmen zum Beispiel darüber, welche Daten sie erheben und warum, wie lange sie die Daten speichern und ob die die Daten an Dritte weitergeben. Facebook speichert beispielsweise alle Informationen, die Nutzer*innen bei der Registrierung preisgeben, also E-Mail-Adresse oder Telefonnummer. Wer das nicht angeben will, kann gar kein Konto eröffnen.
Zudem erfasst das Netzwerk alle Nutzungsaktivitäten, also welche Beiträge Nutzer*innen erstellen, welche Inhalte sie teilen, wann und wie lange sie auf Facebook aktiv sind. Auch Informationen über den Freundeskreis und Follower*innen werden gespeichert – und was diejenigen auf Facebook so tun. Und: Wer Fotos oder Videos hochlädt, gibt das Nutzungsrecht an Facebook ab. Für Analysezwecke teilt Facebook die Daten mit Dritten, allerdings handelt es sich hier dem Unternehmen zufolge nicht um personenbezogene Daten. Das heißt, es werden nur Daten weitergegeben, mit denen eine Person nicht eindeutig identifiziert werden kann.
Hier zeigt sich schnell: Daten vor Facebook zu schützen, funktioniert nicht. Es gibt klare Spielregeln, was mit den Daten passieren darf. Und dieses Spiel spielt man mit – oder eben nicht. Der einzige Hebel ist anzupassen, was andere Menschen von uns sehen können. Grundlegende Informationen wie Name, Nutzername und Profilbild beispielsweise sind immer öffentlich. Auf Facebook sind auch Aktivitäten auf öffentlichen Seiten beziehungsweise Gruppen für jeden sichtbar. Daran lässt sich nicht rütteln.
Privatsphäre-Einstellungen auf Facebook
Im Bereich „Privatsphäre und Sicherheit“ kannst du allerdings zahlreiche Einstellungen individualisieren. Das sind die wichtigsten:
- Wer kann dir Freundschaftsanfragen senden? Wer kann deine Freundesliste einsehen? Wer kann dich anhand von E-Mail-Adresse und Telefonnummer finden? Die Einstellungsmöglichkeiten reichen hier von „alle“ bis zu „nur ich“.
- Beiträge können entweder für alle sichtbar sein, nur für Freund*innen oder sogar nur für ausgewählte Personen. Auch bei der Stories-Funktion kannst du genau festlegen, wer was sehen soll – und wer nicht.
- Du kannst einschränken, wer Markierungen sehen und setzen darf. Willst du auf Nummer sicher gehen, aktiviere die Überprüfen-Funktion. Jedes Mal, wenn du von einer anderen Person in einem Beitrag oder einem Foto markiert wirst, musst du erst dein Okay geben.
- Du möchtest in Ergebnissen von Suchmaschinen nicht erscheinen? Um dein Profil zu verstecken, deaktivierst du einfach die Suchmaschinen-Einstellung.
TikTok ruft Datenschützer*innen weltweit auf den Plan
TikTok ist die am häufigsten heruntergeladene App der Welt, jeden Monat nutzen mehr als 19 Millionen junge Deutsche den Kurzvideodienst. Dahinter steckt der chinesische Konzern ByteDance, deshalb schauen sowohl die US-Regierung als auch die EU genau hin. Sie kritisieren unter anderem den nach westlichen Standards mangelnden Daten- und Jugendschutz. Ein Kritikpunkt ist, dass die Daten nicht in der EU gespeichert werden, sondern in Rechenzentren in den USA, Malaysia und Singapur. TikTok erhebt drei Arten von Daten, die das Netzwerk auch an Dritte weitergeben kann:
- Informationen, die du selbst bereitstellst
Zum Beispiel Geburtsdatum, Nutzername, E-Mail-Adresse und Telefonnummer. TikTok sammelt zudem Inhalte wie Fotos, Videos und Audioaufnahmen sowie die zugehörigen Metadaten, also wann, wo und von wem die Inhalte erstellt wurden. Auch den Inhalt von Nachrichten speichert TikTok auf seinen Servern. Wenn du deine Kontakte aus dem Telefonbuch des Smartphones mit TikTok synchronisierst, stellst du ByteDance damit automatisch alle Namen, Telefonnummern und E-Mail-Adressen deiner Kontakte zur Verfügung. - Automatisch erhobene Daten
Zum Beispiel Standortinformationen, wie oft und wie lange du die App verwendest sowie der Suchverlauf in der Anwendung. Aus diesen Daten zieht das Unternehmen Rückschlüsse über die Eigenschaften seiner Nutzer*innen wie Alter und Geschlecht sowie über deren Interessen. Das Netzwerk verwendet diese Rückschlüsse zum Beispiel, um dir personalisierte Werbung auszuspielen. - Daten aus anderen Quellen
Die kommen beispielsweise von Werbepartnern. Sie teilen TikTok Informationen über Personen mit, die ihre Websites nutzen, ihre Produkte kaufen und in irgendeiner Art mit ihnen in Interaktion getreten sind. Diese Daten ordnet das Unternehmen den Nutzerprofilen zu und kann so noch passendere Werbung verbreiten.
Wer TikTok nutzt, stimmt all dem zu. Was du allerdings selbst kontrollierst, ist die Sichtbarkeit deines Profils: Wenn du dein Konto auf „privat“ stellst, sorgst du dafür, dass nur durch dich bestätigte Freunde deine Inhalte sehen können. Zudem lässt sich einstellen, dass niemand deine veröffentlichten Videos herunterladen darf und dass nur Freund*innen kommentieren, reagieren und Nachrichten senden dürfen.
Instagram zeigt, wo du gerade bist
Instagram gehört wie Facebook zum Mutterkonzern Meta. In den Privatsphäre-Einstellungen der App kannst du festlegen, dass dein Profil nur für Follower*innen zu sehen ist. Achtung: Profilbild, Name und Kurzbeschreibung sind weiterhin für jeden sichtbar. Ebenso die Anzahl der bislang verfassten Beiträge sowie die Anzahl von Follower*innen. Wer dir folgen will, muss eine Anfrage stellen – die du annehmen oder ablehnen kannst. Hast du ein öffentliches Profil, musst du besonders genau hinschauen. Instagram erkennt beispielsweise, wo du dich gerade befindest und erhebt automatisch deine GPS-Koordinaten. Wer also ein Foto vom Essen in der hippen Strandbar postet, erscheint im Feed zu diesem Ort. Wenn du nicht gefunden werden willst, solltest du deshalb deinen Standort nicht markieren.
Fazit
Wer in den sozialen Medien unterwegs ist, nimmt in Kauf, dass die Betreiberunternehmen Informationen sammeln und dass Profilinformationen, Fotos, Nachrichten und Kommentare auf Servern im Ausland landen. Das ist erst mal nicht schlimm. Doch wenn die Daten etwa durch Hackerangriffe öffentlich werden, können Telefonnummer oder E-Mail-Adresse für alle Welt zugänglich sein. Daran können Nutzer*innen nichts ändern, hier sind Politik und Tech-Konzerne gefragt.
Ja, Datenschutz ist ein schwieriges Thema. Gleichzeitig ermöglichen uns soziale Medien aber, digital teilzuhaben, unsere Meinung zu bilden und mit anderen in Austausch zu treten. Und: Wir leben in einer Demokratie. Wenn uns etwas nicht passt, können wir die Initiative ergreifen und dagegen vorgehen. Wenn jemand gegen den Datenschutz verstößt, können wir das melden, etwa bei der Datenschutzbehörde des jeweiligen Bundeslands. Soziale Medien bieten auch den Raum, dass wir öffentlich äußern können, wenn unsere Privatsphäre in Gefahr ist. Und je mehr Menschen das tun, desto wirkungsvoller ist es.
Über die Autorin
Schon gewusst?
Wer Fotos oder Videos auf Facebook hochlädt, gibt auch das Nutzungsrecht ab. Außerdem werden alle Nutzungsaktivitäten erfasst und nicht personenbezogene Daten für Analysezwecke mit Dritten geteilt.
Datenschutz auf Social Media ist auch Einstellungssache
So schützt du deine Daten
Social-Media-Plattformen ermöglichen digitale Teilhabe, doch Datenschutzbedenken halten viele Menschen davon ab, sie zu nutzen. Dabei ist es durchaus möglich, Facebook und Co sicher im eigenen Interesse einzusetzen. Wir blicken auf die grundsätzlichen Risiken bei der Preisgabe von Daten auf den Plattformen und zeigen, was man lieber für sich behalten sollte.
Die Einladung zum Klassentreffen kommt über Facebook, das Zugticket gibt es in der Bahn-App und die täglichen Nachrichten laufen im Twitter-Feed und auf Instagram, eine Bewerbung vielleicht sogar über Tiktok. „Wer am gesellschaftlichen Leben teilhaben möchte, kommt heutzutage kaum noch an der digitalen Welt vorbei“, sagt Kimberly Klebolte, Geschäftsführerin der Initiative „Digital für alle“. Und doch gibt es immer mehr Menschen, alt wie jung, die nicht über soziale Medien Kontakt halten wollen, die kein Facebook-Profil haben und auch in anderen Lebensbereichen einen Bogen darum machen, wenn jemand persönliche Daten von ihnen abfragt.
„Digitale Teilhabe scheitert vor allem an Unsicherheit, mangelndem Wissen und fehlendem Zugang – nicht am Willen oder daran, dass die Menschen den Nutzen der Digitalisierung nicht erkennen“, sagt Klebolte. Was nach einer persönlichen Entscheidung ohne Implikationen klingt, ist in der Realität ein ernsthaftes Problem: Wer online nicht dabei ist, kann nur eingeschränkt am öffentlichen Diskurs teilnehmen.
Das Stimmungsbild: Datenschutz-Skandale verunsichern und bleiben in Erinnerung
Drei von fünf Deutschen wollen mehr am digitalen Leben teilhaben, zeigt eine Befragung im Auftrag der Initiative „Digital für alle“. Das ist nicht nur ein Thema der Älteren, sondern auch mehr als die Hälfte der 16- bis 29-Jährigen wünschen sich mehr digitale Teilhabe. Gleichzeitig sorgen sich 64 Prozent der Befragten um die Sicherheit ihrer Daten. Kein Wunder, denn Datenschutz-Skandale sorgen für Verunsicherung.
Besonders eindrucksvoll blieb vielen der sogenannte „Prism“-Skandal in Erinnerung: Vor zehn Jahren enthüllte der frühere Agent Edward Snowden, dass der US-Geheimdienst NSA gewaltige Datenmengen aus dem Netz einsammelt, darunter auch Fotos und Daten aus sozialen Netzwerken. Immer wieder taucht zudem die Facebook-Mutter Meta in den Schlagzeilen auf. Im Jahr 2018 beispielsweise gelangte das Datenanalyse-Unternehmen Cambridge Analytica an Daten von 87 Millionen Facebook-Nutzer*innen. Ostern 2021 folgte der nächste Zwischenfall: Aufgrund einer Sicherheitslücke wurde eine halbe Milliarde persönlicher Datensätze von Facebook-Profilen öffentlich. Allein in Deutschland traf es sechs Millionen Menschen, deren Telefonnummern und Profile unverschlüsselt zugänglich waren. Auf dem Messenger-Dienst Telegram konnte man die geleakten Telefonnummern kaufen.
Datenkraken als Geschäftsmodell
Abgesehen von Datenlecks durch Sicherheitslücken oder Hackerangriffe, gegen die wir nichts ausrichten können, gibt es einige Tipps und Tricks, um unsere Daten zu schützen. Die gute Nachricht: Datenschutz ist – zumindest zum Teil – Einstellungssache. Und das ist durchaus wörtlich gemeint, denn in jedem sozialen Netzwerk können wir selbst entscheiden, welche Daten wir preisgeben wollen. Doch die richtigen Häkchen an der passenden Stelle zu setzen, ist gar nicht so einfach. Die Betreiber der sozialen Netzwerke machen es uns nicht leicht, unsere Daten zu schützen, denn mit ihnen verdienen sie Geld.
Profile auf sozialen Netzwerken sind zwar kostenlos, doch alles, was im Hintergrund läuft, hat seinen Preis. Über die Daten, die wir auf Facebook und Co veröffentlichen, erzielen die Betreiber Gewinn. Deshalb erheben sie so viele Daten, speichern sie, werten sie aus. Und: Geben sie weiter. „Das Geschäftsmodell von Anbietern sozialer Medien beinhaltet oft das Tracking des Nutzerverhaltens, unter anderem auch, um Nutzer*innen personalisierte Werbung auszuspielen“, sagt Ayten Öksüz von der Verbraucherzentrale NRW. Dabei werden die Aktivitäten der User verfolgt und gespeichert, um mehr über Vorlieben, Interessen und das Konsumverhalten zu erfahren.
Häufig werden auch sogenannte Tracking-Daten verwendet, die auf der Verfolgung des Surfverhaltens basieren. Das ist meist schon voreingestellt. Besonders kritisch sieht es Öksüz, wenn das Tracking selbst nicht eingeschränkt werden kann, was bei vielen Anbietern der Fall ist. „In diesen Fällen können Verbraucher*innen nicht bestimmen, wie viel Anbieter über sie wissen, sondern lediglich, inwieweit ihre Daten aktuell vom Anbieter genutzt werden dürfen. Verbraucher*innen soll also das Gefühl vermittelt werden, sie hätten Kontrolle über ihre Daten, was aber nur begrenzt der Fall ist.“
Alles, was öffentlich ist, darf weitergegeben werden
Alle Informationen, die Nutzer*innen in den sozialen Medien frei zugänglich veröffentlichen, können von anderen Personen oder Unternehmen verwendet werden. Das regelt das Bundesdatenschutzgesetz. Das heißt: Wer ein öffentliches Profil auf Facebook anlegt, stellt seine dort veröffentlichten Daten jedem zur Verfügung. Das Bundesdatenschutzgesetz regelt allerdings auch, dass Nutzer*innen der Datenerhebung durch soziale Medien widersprechen können, weil es sich um personenbezogene Daten handelt. Aber: Wer der Datennutzung nicht zustimmt, kann in der Regel erst gar kein Konto bei Facebook und Co eröffnen.
Wer das Spiel trotzdem mitspielt, kann auf die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zählen. Sie soll uns mehr Kontrolle über unsere Daten ermöglichen. Wer personenbezogene Daten verarbeitet, muss offenlegen, warum er diese Daten erhebt und auf welcher Rechtsgrundlage die Datenerhebung basiert. Ebenso sieht die DSGVO vor, dass Nutzer*innen erkennen können, wie lange ihre persönlichen Daten gespeichert werden. Das müsste theoretisch in der Datenschutzerklärung der jeweiligen Seite stehen, doch hier verwirren die Betreiber meist mit unklaren Formulierungen. Die DSGVO sieht auch vor, dass klar sein muss, an wen die Daten gehen. Und auch hier bleiben die Betreiber schwammig. Als Empfänger der Daten geben sie beispielsweise „Personen“ oder „Unternehmen“ an – doch bei wem konkret die Daten am Ende landen, ist nicht klar.
Wer sich nicht an die Verordnung hält, muss mit hohen Strafen rechnen. Im Frühjahr hat die EU Meta zu einer Rekordstrafe von 1,2 Milliarden Euro verurteilt, weil der Facebook-Mutterkonzern Daten von Menschen aus der EU auf US-Server übertragen hatte – ein Verstoß gegen die DSGVO. Auch Whatsapp musste rund 225 Millionen Euro zahlen. Doch immer wieder hagelt es Kritik aus Wirtschaft, Politik und Verbänden: Sie bemängeln unter anderem, dass die Verordnung zu große Spielräume lässt, Schlupflöcher nicht ausgebessert werden und die zuständigen Datenschutzbehörden der EU-Mitgliedstaaten die DSGVO unterschiedlich auslegen. Am Ende gibt es zwar viele Verstöße gegen die Verordnung, aber wenig Strafen – und im Gegenzug viel Datenfreiheit für Betreiber sozialer Netzwerke.
Mitte Juli 2023 hat die EU-Kommission ein internationales Datenschutzabkommen mit den USA beschlossen. Der Datenschutzrahmen EU-USA soll den Zugriff von US-Geheimdiensten auf EU-Daten „auf ein notwendiges und verhältnismäßiges Maß” beschränken, wie es von der EU-Kommission heißt. Ein spezielles Gericht soll prüfen, ob die Datenschutzmaßnahmen auch eingehalten werden und kann bei Verstößen anordnen, dass personenbezogene Daten gelöscht werden.
So schützt du deine Daten
Der erste Schritt ist, das unliebsame Kleingedruckte zu lesen. In der Datenschutzerklärung informieren die Unternehmen zum Beispiel darüber, welche Daten sie erheben und warum, wie lange sie die Daten speichern und ob die die Daten an Dritte weitergeben. Facebook speichert beispielsweise alle Informationen, die Nutzer*innen bei der Registrierung preisgeben, also E-Mail-Adresse oder Telefonnummer. Wer das nicht angeben will, kann gar kein Konto eröffnen.
Zudem erfasst das Netzwerk alle Nutzungsaktivitäten, also welche Beiträge Nutzer*innen erstellen, welche Inhalte sie teilen, wann und wie lange sie auf Facebook aktiv sind. Auch Informationen über den Freundeskreis und Follower*innen werden gespeichert – und was diejenigen auf Facebook so tun. Und: Wer Fotos oder Videos hochlädt, gibt das Nutzungsrecht an Facebook ab. Für Analysezwecke teilt Facebook die Daten mit Dritten, allerdings handelt es sich hier dem Unternehmen zufolge nicht um personenbezogene Daten. Das heißt, es werden nur Daten weitergegeben, mit denen eine Person nicht eindeutig identifiziert werden kann.
Hier zeigt sich schnell: Daten vor Facebook zu schützen, funktioniert nicht. Es gibt klare Spielregeln, was mit den Daten passieren darf. Und dieses Spiel spielt man mit – oder eben nicht. Der einzige Hebel ist anzupassen, was andere Menschen von uns sehen können. Grundlegende Informationen wie Name, Nutzername und Profilbild beispielsweise sind immer öffentlich. Auf Facebook sind auch Aktivitäten auf öffentlichen Seiten beziehungsweise Gruppen für jeden sichtbar. Daran lässt sich nicht rütteln.
Privatsphäre-Einstellungen auf Facebook
Im Bereich „Privatsphäre und Sicherheit“ kannst du allerdings zahlreiche Einstellungen individualisieren. Das sind die wichtigsten:
- Wer kann dir Freundschaftsanfragen senden? Wer kann deine Freundesliste einsehen? Wer kann dich anhand von E-Mail-Adresse und Telefonnummer finden? Die Einstellungsmöglichkeiten reichen hier von „alle“ bis zu „nur ich“.
- Beiträge können entweder für alle sichtbar sein, nur für Freund*innen oder sogar nur für ausgewählte Personen. Auch bei der Stories-Funktion kannst du genau festlegen, wer was sehen soll – und wer nicht.
- Du kannst einschränken, wer Markierungen sehen und setzen darf. Willst du auf Nummer sicher gehen, aktiviere die Überprüfen-Funktion. Jedes Mal, wenn du von einer anderen Person in einem Beitrag oder einem Foto markiert wirst, musst du erst dein Okay geben.
- Du möchtest in Ergebnissen von Suchmaschinen nicht erscheinen? Um dein Profil zu verstecken, deaktivierst du einfach die Suchmaschinen-Einstellung.
TikTok ruft Datenschützer*innen weltweit auf den Plan
TikTok ist die am häufigsten heruntergeladene App der Welt, jeden Monat nutzen mehr als 19 Millionen junge Deutsche den Kurzvideodienst. Dahinter steckt der chinesische Konzern ByteDance, deshalb schauen sowohl die US-Regierung als auch die EU genau hin. Sie kritisieren unter anderem den nach westlichen Standards mangelnden Daten- und Jugendschutz. Ein Kritikpunkt ist, dass die Daten nicht in der EU gespeichert werden, sondern in Rechenzentren in den USA, Malaysia und Singapur. TikTok erhebt drei Arten von Daten, die das Netzwerk auch an Dritte weitergeben kann:
- Informationen, die du selbst bereitstellst
Zum Beispiel Geburtsdatum, Nutzername, E-Mail-Adresse und Telefonnummer. TikTok sammelt zudem Inhalte wie Fotos, Videos und Audioaufnahmen sowie die zugehörigen Metadaten, also wann, wo und von wem die Inhalte erstellt wurden. Auch den Inhalt von Nachrichten speichert TikTok auf seinen Servern. Wenn du deine Kontakte aus dem Telefonbuch des Smartphones mit TikTok synchronisierst, stellst du ByteDance damit automatisch alle Namen, Telefonnummern und E-Mail-Adressen deiner Kontakte zur Verfügung. - Automatisch erhobene Daten
Zum Beispiel Standortinformationen, wie oft und wie lange du die App verwendest sowie der Suchverlauf in der Anwendung. Aus diesen Daten zieht das Unternehmen Rückschlüsse über die Eigenschaften seiner Nutzer*innen wie Alter und Geschlecht sowie über deren Interessen. Das Netzwerk verwendet diese Rückschlüsse zum Beispiel, um dir personalisierte Werbung auszuspielen. - Daten aus anderen Quellen
Die kommen beispielsweise von Werbepartnern. Sie teilen TikTok Informationen über Personen mit, die ihre Websites nutzen, ihre Produkte kaufen und in irgendeiner Art mit ihnen in Interaktion getreten sind. Diese Daten ordnet das Unternehmen den Nutzerprofilen zu und kann so noch passendere Werbung verbreiten.
Wer TikTok nutzt, stimmt all dem zu. Was du allerdings selbst kontrollierst, ist die Sichtbarkeit deines Profils: Wenn du dein Konto auf „privat“ stellst, sorgst du dafür, dass nur durch dich bestätigte Freunde deine Inhalte sehen können. Zudem lässt sich einstellen, dass niemand deine veröffentlichten Videos herunterladen darf und dass nur Freund*innen kommentieren, reagieren und Nachrichten senden dürfen.
Instagram zeigt, wo du gerade bist
Instagram gehört wie Facebook zum Mutterkonzern Meta. In den Privatsphäre-Einstellungen der App kannst du festlegen, dass dein Profil nur für Follower*innen zu sehen ist. Achtung: Profilbild, Name und Kurzbeschreibung sind weiterhin für jeden sichtbar. Ebenso die Anzahl der bislang verfassten Beiträge sowie die Anzahl von Follower*innen. Wer dir folgen will, muss eine Anfrage stellen – die du annehmen oder ablehnen kannst. Hast du ein öffentliches Profil, musst du besonders genau hinschauen. Instagram erkennt beispielsweise, wo du dich gerade befindest und erhebt automatisch deine GPS-Koordinaten. Wer also ein Foto vom Essen in der hippen Strandbar postet, erscheint im Feed zu diesem Ort. Wenn du nicht gefunden werden willst, solltest du deshalb deinen Standort nicht markieren.
Fazit
Wer in den sozialen Medien unterwegs ist, nimmt in Kauf, dass die Betreiberunternehmen Informationen sammeln und dass Profilinformationen, Fotos, Nachrichten und Kommentare auf Servern im Ausland landen. Das ist erst mal nicht schlimm. Doch wenn die Daten etwa durch Hackerangriffe öffentlich werden, können Telefonnummer oder E-Mail-Adresse für alle Welt zugänglich sein. Daran können Nutzer*innen nichts ändern, hier sind Politik und Tech-Konzerne gefragt.
Ja, Datenschutz ist ein schwieriges Thema. Gleichzeitig ermöglichen uns soziale Medien aber, digital teilzuhaben, unsere Meinung zu bilden und mit anderen in Austausch zu treten. Und: Wir leben in einer Demokratie. Wenn uns etwas nicht passt, können wir die Initiative ergreifen und dagegen vorgehen. Wenn jemand gegen den Datenschutz verstößt, können wir das melden, etwa bei der Datenschutzbehörde des jeweiligen Bundeslands. Soziale Medien bieten auch den Raum, dass wir öffentlich äußern können, wenn unsere Privatsphäre in Gefahr ist. Und je mehr Menschen das tun, desto wirkungsvoller ist es.
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